Die Nacht war angenehm, ich habe geschlafen wie ein Stein. Noch vor Sonnenaufgang packe ich meine Sachen und mache mir einen Kaffee. Bein zusammenräumen kommt der gleiche Rumäne wieder vorbei und fragt mich, ob alles OK sei. Hm. Immer diese Vorurteile!

Bevor es Richtung Schloss Corvinilor geht mache ich noch einen Abkürzung, denn die Hypotenuse ist kürzer als die Summe der Katheten. Die Strecke mag ja stimmen, aber bei der Zeit lässt sich darüber diskutieren. Noch nie habe ich für 100 Meter eine halbe Stunde gebraucht. Der Schlamm in Kombination mit meterhohen Böschung nach oben und 30 Zentimeter tiefen Traktorspuren verlangten alles von mir ab. Immer und immer wieder rutschte ich in eine Schneise, kam nicht mehr weiter, blieb mit den Koffern an der Böschung hängen, rollte zurück usw. Ich wollte schon aufgeben, aber einmal probiere ich es noch. Endlich schaffe ich in der Mitte zu bleiben und kämpfe mich nach oben! Geschafft. Der Offroad Kurs für BMW Fahrer (sorry, Jungs) konnte ich mir sparen. Ich will den sehen, der mit einer vollbepackten Enduro solch eine Schlammpiste stehend hochfährt.

Schloss Corvinilor ist sehr schön und groß. Der Eintritt ist nicht teuer, aber man muss in bar bezahlen. Also nochmal die 200 Meter zum Parkplatz und zum Bankomat. Es sind sehr viele Besucher auf dem Schloss, auch etliche Brautpaare. Die „Folterkammern“ kann man sich sparen, 16F7783es sind ein paar zusammengetragene Folterwerkzeuge zu sehen. Der Rest des Schlosses ist sehr interessant.

Auf Anraten des freundlichen Rumänen, der mir die 5 Lei beim Wasserfall Bigar bezahlt hat, fahre ich auf die Transalpina. Die „Straße der Straßen“ neben der Transfagarasan ist sicherlich interessant für jemanden, der gerne Kurven fährt und außer Wald und Seen nichts sehen will. Ich habe aber bereits letztes Jahr genügend Grüntöne durch Finnland gesehen, und Kurven habe ich in Südtirol auch genügend. Neu waren aber die Horden an Pilzesuchern und Schwarzbeer-Pflücker. An den Umschlagplätzen türmten sich die Kisten voll mit Pilzen, Kinder verkaufen direkt am Straßenrand alle möglichen Beeren. Ich bleibe auch stehen und kaufe 2 Kindern einen Sack voll Schwarzbeeren ab.

Die Transalpina zieht sich, gegen 17.00 Uhr habe ich genug und bleibe bei einer Wiese neben der Straße stehen. Dort sind schon mehrere Familien zum zelten und ich schließe mich ihnen an. Sobald ich das Motorrad geparkt habe kommt der Nachbar mit einem Schnaps, den ich unbedingt kosten muss. Seine Frau bringt gleich darauf einen Teller Suppe, sie haben zuviel. Die schmeckt vorzüglich. Der Mann spricht deutsch und war vor 30 Jahren nach Italien illegal geflüchtet. Nach einigen Jahren in Italien hat ihn sein Chef illegal über Deutschland nach Belgien gebracht und dort die Anwaltskosten für den Asylantrag übernommen. Jetzt ist er in Pension und kommt auf Urlaub nach Rumänien.

Ich koche meine Nudel mit Tomaten / Mozzarella, als die nächste Familie mir einen Besuch abstattet. Ein 16jähriger fragt mich in guten englisch, ob ich mit ihnen Abendessen möchte, sie haben Fleisch und Wurst und sein Vater möchte mit mir reden. Ich versuche abzulehnen, aber es gelingt mir nicht. So esse ich an diesem Abend 3 mal bei 2 verschiedenen Familien. Der Sohn hat sich Englisch selbst mit Computer Spielen beigebracht. Sie kommen aus Bukarest und gehören der höheren Schicht an. Ich spreche lang mit den Jungen, über das Leben in Rumänien und die Zukunft. Der Vater horcht zu und macht einen ernsten Eindruck. Auf meine Frage hin, wie sie den Kommunismus erlebt haben, meint er nur, es war hart, aber einige Bereiche auch besser. Der Junge sehnt sich sogar den Kommunismus zurück: zumindest jeder hatte eine Arbeit. Erst später auf meiner Reise tauche ich tiefer in dieses Thema ein.

Zelten und Grillen gehört mit Sicherheit zu den Lieblingsbeschäftigungen der Rumänen, anders kann ich es mir nicht vorstellen, dass so viele Menschen am Wochenende losfahren, irgendwo stehenbleiben, zelten, grillen und dann wieder heimfahren. Nur beim Umweltschutz sollten sie ein wenig aufholen. Nach dem Grillen wird einfach der ganze Müll in ein Plastiksack getan und auf das Feuer geworfen. Auch die Glasflasche, deren Scherben beim Explodieren mein Schienbein getroffen hat…

Nach den obligatorischen Kaffee verabschiede ich mich von den beiden Familien, morgen will ich wieder früh starten.