Mein Finger schmerzt. Gestern Abend habe ich mir voll die Finger beim Kochen verbrannt. Die Gasflamme in der Küche war zu groß für meinen Topf. Die Mücken warten bereits vor Sonnenaufgang auf die ersten Opfer, es erinnert mich an Finnland, wo ich mit Helm und voller Motorradkluft das Zelt aufbaute…

Mein Finger schmerzt. Gestern Abend habe ich mir voll die Finger beim Kochen verbrannt. Die Gasflamme in der Küche war zu groß für meinen Topf. Die Mücken warten bereits vor Sonnenaufgang auf die ersten Opfer, es erinnert mich an Finnland, wo ich mit Helm und voller Motorradkluft das Zelt aufbaute…

Ich koche mir einen Kaffee, packe meine Sachen zusammen und fahre noch einmal denselben Weg zurück, um den verlorenen Handschuh zu suchen. Mittlerweile bin ich es ja gewohnt, zu Beginn eine Ehrenrunde zu drehen. Leider finde ich den Handschuh nicht mehr, hoffentlich bekommt er bei einem Bauern ein zweites Leben. Zur Grenze ist es nicht mehr weit. Die Ausreise nach Rumänien gestaltet sich einfach: auf beiden Seiten wird der Pass kontrolliert, gestempelt und fertig. Der Zöllner auf Rumänischer Seite frägt nach, ob ich eine Kalaschnikow, Alkohol oder Zigaretten (in dieser Reihenfolge) mithabe Ich verneine zumindest bei den letzten beiden…

Mein nächstes Ziel ist Bigar, ein wunderschöner Wasserfall. Er liegt direkt auf dem Weg Richtung Baila Herculanum, direkt neben der Straße. Bei der Brücke über den Fluss muss man 5 Lei Eintritt bezahlen. Leider habe ich nur Euro Münzen dabei, die der Wärter aber nicht annimmt. Enttäuscht drehe ich um. Ein Rumäne hat die Situation mitbekommen, läuft mir nach und erklärt mir, er will die 5 Lei für mich bezahlen. Der Wasserfall ist zu schön um ihn nicht zu besichtigen. Ich gebe ihn als Ausgleich 1 Euro. Wo passiert so etwas bei uns?

Über ein Bett aus Moos fließt das Wasser in den darunterliegenden Bach. Von beiden Seiten kommt man direkt an den Wasserfall hin. Ein wunderschönes Motiv, das auch viele Heiratswillige anzieht, um ein Selfie mit dem Handy zu machen.

Die dazugehörige Tropfsteinhöhle ist wegen Bauarbeiten geschlossen. Trotzdem wird Eintritt verlangt, für was habe ich nicht wirklich verstanden.

Baila Herculanum ist eine kleine Stadt die ihre besten Zeiten leider schon hinter sich hat. Es war bereits seit Römerzeiten eine Heilanstalt und auf beiden Seiten des Flusses gibt es unzählige Buchten und Bäder. Die alten Häuser zeugen von großem Reichtum und Kultur, welche aber beide dem Kommunismus zum Opfer gefallen sind. Es ist heiß, ich trinke in einer Bar einen Kaffee und mache mich erneut auf den Weg. Heute will ich das erste Mal die Karpaten überqueren. Die Kombination aus Karte und Navigationsgerät hat sich bestens bewährt. Ich wähle die Straße 67D nach Cerna Sat aus, sie führt direkt an einem großen Stausee entlang. Was ich nicht wusste: die Straße ist offiziell geschlossen, ein großes Hinweisschild steht an der letzten Abzweigung. Ich will es trotzdem versuchen. Direkt hinter dem Schild beginnt eine breite Schotterstraße, die sich bei Cerna Sat aber verengt und nur mehr eine Fahrspur breit ist. Wasser fließt über den Schotter, bei besonders steilen Abschnitten wurden Betonplatten verlegt, die aber auch nicht mehr an ihrem ursprünglichen Ort sind. Immer weiter nach oben schlängelt sich die Straße. Kurz vor dem Staudamm kommt mir ein VW Passat entgegen. Ich bleibe stehen, der Lenker öffnet das Fenster, es ist ein Engländer auf Urlaub mit seiner Familie. Auf meine Frage hin, wie es mit der Straße weitergeht, meint er nur: „Bei den ersten Schlammlöchern mit 30cm Tiefe bin ich umgekehrt“. Er rät mir ab weiterzufahren, aber ich probiere es trotzdem. Oben angekommen bin ich ein wenig enttäuscht. Ich dachte an einen schönen See mit Ufer zum übernachten, aber die Ufer sind sehr steil und bewaldet, die Straße führt 50 m oberhalb der Wasserlinie und es führt kein Weg hinunter. Ich entschließe mich weiterzufahren, obwohl der Navi mich bereits in der tiefsten Pampa vermutet und weit und breit keine Straße ist. Der Weg mit Meter für Meter schlechter. Die Schlammlöcher werde tiefer und größer, mehrmals schlägt es mir die Scheibe gegen den Helm, weil es rauf und runter geht wie auf der Achterbahn. Nach einigen Kilometern kommt mir wieder ein Fahrzeug entgegen. Diesmal ein Geländewagen mit 4 Rumänen. Auf meine Frage hin, wie die Straße wird, fragt mich einer, ob ich Europäer bin. Ich bajahe und er meint nur, dann sollte ich lieber umkehren… Mein Ehrgeiz ist geweckt. Jetzt muss ich es schaffen. Mir ist schon mulmig, als nach 1,5 Stunden immer noch kein Ende in Sicht ist. Ich habe den See bereits hinter mir gelassen, aber die Straße steigt immer weiter an. Wieder kommt mir ein Geländewagen entgegen, wieder sind es Rumänen. Die Eltern verstehen kein Englisch, aber die beiden Kinder sprechen perfektes Englisch. Sie sind auf Urlaub und haben ein kleines Haus in den Bergen. Der Vater erklärt, mit Hilfe der Kinder, dass die Straße nicht mehr lang ist und sie nach einigen Kilometern besser wird. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Wir verabschieden uns und ich fahre weiter. Nach einigen Kilometern erreiche ich den Scheitelpunkt, ein perfekter Platz zum Übernachten. Nur ist es bereits besetzt und ich habe keinen Empfang. Zumindest am Abend möchte ich schon Zuhause anrufen, um ein Lebenszeichen zu geben.

So fahre ich weiter, über groben Schotter und Sand, bis mich nach 2,5 Stunden die Wildnis wieder ausspuckt. Es ist bereits Abend und es wird dunkel, als ich bei Campu lui Neag hinter dem Dorf bei einem Fluß mein Zelt aufschlage. Ein Einwohner kommt vorbei und ich deute ihm, ob ich hier bleiben kann. Er nickt. Ein wenig mulmig ist mir schon, aber es bleibt mir nichts übrig.