Ich habe sehr gut geschlafen. Gegen 7.00 mache ich mich auf dem Weg Richtung Norden. Es ist angenehm frisch, in der Nacht hat es geregnet, die Straße ist noch naß.
Plötzlich schießt es mir durch den Kopf: Sind die Deckel der Seitenkoffer geschlossen? Ich taste zurück und greife links ins Leere. Scheiße! Also das war das metallische Geräuch das ich gleich nach dem Start gehört hatte. Alle möglichen Lösungen gehen mir durch den Kopf während ich die 25 km zurückfahre. Hoffentlich finde ich die richtige Seitenstraße wieder. Und tatsächlich, durchgeschwitzt finde ich den Deckel, er ist zerbeult, aber mit gutem Willen und einem Stein klopfe ich ihn wieder zurecht. Ein freundlicher Autofahrer hat ihn von der Strasse aufgelesen, auf einen Stein gestellt und somit Schlimmeres verhindert.

Es geht Richtung Rovaniemi, die Strassen sind ideal zum fahren: im Osten sind die meisten Strassen nur mehr Schotterpisten. Es ist schön die Pisten zu befahren, durch die Holztransporte sind sie sehr fest. Mein nächstes Ziel ist Hattuvaara, ich möchte zum östlichsten Punkt der EU. Das gestaltet sich schwieriger als es klingt: Es gibt keine Schilder, und mein Navi kennt die Straßen nicht mehr. Ich fahre so weit es geht nach Osten, bis ich nicht mehr weiterkomme, bzw. der Waldweg Richtung Süden abdreht. Dorthin will ich eigentlich nicht mehr.

Ich kehre um und fahre Richtung Nurmes, Kuhmo und Hyrnsalmi, wo ich bei einem See Pause mache. Wie immer versuche ich so gut es geht die Helmkamera zu laden. Nach kurzer Pause geht es weiter, zumindest für 300 Meter, bis sich die Helmkamera von der Halterung löst und ich sie bei voller Fahrt verliere. So ein Mist. Ich kehre um und sammle die einzelnen Teile ein. Sie ist auf der Seite ein wenig zerkratzt, aber scheint noch zu funktionieren. Die Linse hat keinen Kratzer abbekommen, vielleich habe ich wieder Glück. Aber meine Stimmung ist geknickt und ich mache die restliche Zeit keine Fotos mehr. Zu gross ist die Angst dass ich sie wieder verliere.

In Rovaniemi (es regnet immer wieder leicht) mache ich halt und kaufe in einem Supermarket und im Santa Claus Haus Postkarten und Futter ein. Das Santa Claus Haus ist wie ein kleiner Vergnügungspark und ziemlich kitschig. Ausser mir und ein Paar aus Italien (irgendwie komme ich immer wieder zu Italiener) ist niemand mehr dort. Im Haus gibt es 2 Postkästen für die Postkarten: eines für sofort und ein zweites für die Zustellung zu Weihnachten. Beim Santa Claus Zentrum verläuft auch der Polarkreis. Und wie angefordert erscheint für kurze Zeit ein wunderschöner Regenbogen über den Parkplatz. Nicht ohne Stolz, es soweit geschafft zu haben fahre ich weiter!

Heute fahre ich nicht mehr weit, nach 60km und bei Korvala suche ich mir ein Plätzchen zum Schlafen direkt hinter einem alten verlassenen Haus. Der Zeltplatz heute ist nicht so wettergeschützt wie gestern. Während ich das Zelt aufstelle beginnt es bereits zu regnen und die Mücken wetzen die Messer, äh Rüssel. Eingepackt wie ein Austronaut mit Handschuhen, Buff und Helm mit geschlossenen Visier baue ich das Zelt auf. Auf dem Helm machen sich duzende Mücken gemütlich und warten nur auf den richtigen Zeitpunkt, um sich über mich her zu machen. Aber ich halte durch und obwohl ich schwitze wie in einer Saune schaffen es nur 2 mich zu stechen. Über das Zelt und das Motorrad spanne ich eine Plane, um alles so gut wie möglich, trocken zu halten.
Gekocht wird wie in einem Labor für biologische Kampfstoffe: der Kocher steht im Vorzelt, den Reißverschluß des zeltes so wenig wie möglich öffnen und die Hände rausstrecken. Und auch das wirklich nur für Sekunden, denn ich werde von Mücken belagert wie Troja. Ja nirgends anlehnen, denn die Bister beissen auch durch das Fliegennetz!